Regulation des „Qì“ – energetische Arbeit?

Der Begriff Qì in der TCM

Niemand, der sich mit TCM befasst, wird an dem Begriff „Qì“ vorbeikommen. Was aber bedeutet „Qì“ eigentlich? Am häufigsten finden sich „Atem“ oder „Luft“ als wörtliche Übersetzungen. Wohl größere Resonanz besitzt jedoch die übertragene Übersetzung als „Energie“. Nicht selten wird das Konzept des „Qì“ mit anderen antiken Konzepten wie beispielsweise dem griechischen „Pneuma“ oder dem indischen „Prana“ verglichen. Auch wenn gewisse Parallelen zwischen diesen Konzepten nicht abzustreiten sind, kommt dem Begriff „Qì“ im Kontext der TCM eine andere Bedeutung bei, als man vielleicht bei der Übersetzung als „Energie“ erwarten würde!

Qì als esoterische Vorstellung

Als die TCM in den 1980er Jahren im Westen ihren Einzug fand, wurde die Vorstellung des „Qì“ als energetisches Prinzip weitgehend verbreitet. Zu dieser Zeit ereignete sich in der westlichen Welt eine zunehmende Hinwendung zur Esoterik, die als Trost gegenüber mondäner Enttäuschung diente. Seitdem nutzen viele eine vermeintliche Wirkung auf energetischer Basis zur Erklärung der Funktion von Therapiemethoden der TCM. „Qì“ gilt als Lebensenergie, die durch den menschlichen Körper fließt. Diese soll sich in den sogenannten Meridianen, die in der Akupunktur Anwendung finden, ihren Weg bahnen. Gerade diese Auffassung wird immer wieder von der Wissenschaft kritisiert. So fänden sich keine Beweise für diese Energie, noch die Meridiane finden. Wenn die TCM sich nun auf den Fluss des „Qì“ beruft, aber dieser gar nicht existieren soll, ist dann alles nur fauler Zauber?

Beleuchtung des Qì in der chinesischen Medizingeschichte

Wie so häufig können Übersetzungen eigentümlicher Begriffe mit bereits bekannten Termini der Zielsprache zu Fehlkonzeptionen führen. Im Falle des „Qì“ hat die Übersetzung als „Energie“ zu einer Auffassung als transzendente Kraft geführt. Dies bestätigt sich so in der chinesischen Literatur nicht. Vielmehr handelt es sich bei „Qì“ dort um einen groben Überbegriff, um sowohl physiologische als auch pathologische Vorgänge im menschlichen Körper zu beschreiben. Zudem besitzt die chinesische Sprache heute keinen grammatischen Plural. Wir neigen so dazu, Begriffe in ihrer Einzahl zu übersetzen. Die historische Medizinliteratur legt jedoch die Möglichkeit nahe, dass mehrere „QÌ“ mit unterschiedlichen Funktionen existieren. Höchstwahrscheinlich diente der Begriff jahrhundertelang behelfsweise zur Benennung von komplexen Zusammenhängen. Diese konnte man zwar beobachten aber noch nicht differenzierter erklären. So handelt es sich bei der TCM in Gänze auch nicht um eine esoterische Vorgehensweise! Viel mehr handelt es sich um ein auf Phänomenologie beruhendes therapeutisches Konzept.